Warum reagiert mein Hund so oft nicht auf mich?
Egal wie gewissenhaft wir trainieren, regt der Hund sich auf, kann er auf die Teile seines Gehirnes nicht mehr zugreifen, wo das Sitzen oder Platzen abgespeichert ist. Dies passiert bei jder Form von Aufregung, be Freude genauso wie bei Angst. Kommt ein Reiz im Gehirn an, wird er erst in dem Teil des Gehirnes auf Gefahr oder Trieb geprüft, um danach automatisiert zu regieren. Sein System ist jetzt auf Arterhaltung getrimmt und da gibt es keinen Gehorsam!
Andereseits scheint unser Hund ganz schnell zu lernen. Ein Hund muss eine Katze nur einmal unter einem Tor durchjagen muss, um diese „Übung“ gelernt zu haben. Kommt der Hund ein Jahr später an diesem Tor vorbei, merkt man an seinem Verhalten sofort, dass er sich ganz genau erinnern kann. Der Hund zeigt uns in unserem Alltag immer wieder wie schnell und leicht er lernen kann, wenn ein Training seiner naturgegebenen Gehirnstruktur entspricht. Wären Hunde so schlechte Schüler wie es manchmal beim Gehorsamstraining scheint, wären Wölfe und Wildhunde auch schon längst ausgestorben. Es ist nicht so dass der Hund unsere Kommandos nicht befolgen will, sondern schlicht und ergreifend nicht kann. Auch weitere 30 Jahre Vollstropfen mit Fleischwurst machen aus dem Hund keine Machine.
Befassen wir uns mit der Natur unseres Hundes können wir viel erreichen.
Gerhard Roth, ein Biologe und Hirnforscher, belegt durch seine Forschungen:
Der Mandelkern, wissenschaftlich Amygdala genannt, ist das Gehirnzentrum, das die verhaltensbedingten, immunologischen und neuroendokrinen Reaktionen auf Bedrohungen aus der Umwelt koordiniert. Er dient außerdem als Speicher für das emotionale Gedächtnis innerhalb des Gehirns. Bei der Bewertung der Umwelt vergleicht er die ankommenden emotionalen Signale mit den gespeicherten emotionalen Erinnerungen. Auf diese Weise trifft der Mandelkern sofort Entscheidungen bezüglich des Bedrohungsgrades ankommender Informationen und kann wegen seiner Verbindung zum Hypothalamus und anderen Zentren des vegetativen Nervensystems die Nervenbahnen „überfallen“, das Nervensystem aktivieren und die emotionale Reaktion in die Wege leiten, bevor die höheren Gehirnzentren die sensorische Information erhalten.
Wenn wir also die Konflikte unseres Hundes lösen, befähigt ihn das erst, uns in solchen Situationen überhaupt wahrzunehmen. Tun wir das nicht, überfällt ihn sein Trieb, er bekommt einen Tunnelblick und kann nicht mehr auf uns achten. Er tut das nicht um uns zu ärgern, sondern um sein Überleben zu sichern.
Auch Menschen sind Säugetiere, die in „alte Hirnregionen“ zurückfallen, sehen sie ihr Überleben gefährdet, wie das Unglück bei der Loveparade 2010 in Duisburg zeigte. Eine große Menschenmenge geriet aufgrund von Platzmangel und Enge in Panik und trampelte andere Besucher tod. In diesem Selbsterhaltungstrieb konnte keiner der Anwesenden auf die Hirnregionen zugreifen, wo Moral und Ethik abgespeichert sind.
Doch es muss nicht immer um Leben und Tod gehen. Paare führen oft noch nach 25 Jahre Ehe ein und denselben Streit, ohne dass die emotionale Reaktion jemals an Intensität verliert. Und im Rausch des Mandelkerns, oft ausgelöst durch ein einziges Wort oder Situation, ist es keinem der Streitenden möglich logisch, moralisch und angemessen zu handeln.